Zum anstehenden Hafentag haben wir uns mit Ira Scheibe getroffen, der Inhaberin von architekturen.koeln. Sie arbeitet regelmäßig auf dem Gelände des Deutzer Hafens, an diesem historischen Ort. Aber: Nostalgie ist nichts für die Architekturexpertin – sie schaut lieber nach vorn. Vor allem, wenn es um das Thema Städtebau geht. Bei Führungen zeigt sie Besuchergruppen den Deutzer Hafen und erzählt von seiner Geschichte. Im Interview spricht die Kölnerin über ihre Faszination für das Areal, ihre Hoffnungen für die Neugestaltung und erklärt, warum der Blick zurück für sie nur einem Zweck dient.
Frau Scheibe, gehört die Aurora-Mühle für Sie zu den Kölner Wahrzeichen?
Ira Scheibe: Das ist eine gute Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist. Für mich gehört die Mühle eher zu den originären Deutzer Wahrzeichen. Ich denke, das ist eine Sache des Maßstabs: Denkt man an Köln insgesamt, fallen einem natürlich der Dom und dann möglicherweise die Kranhäuser ein. Für das Rechtsrheinische sind die Mühlen jedoch ein fester Bezugspunkt.
Mit dem Umbau des Deutzer Hafens geht eine Epoche zu Ende. Welche Zeit in der Geschichte des Areals fasziniert Sie am meisten?
Scheibe: Die derzeitige Phase ist für mich die spannendste. Man sieht noch die Spuren der ehemaligen Nutzung, aber die Zeit des Übergangs finde ich aufregender. Ich mag die Perspektiven auf das, was noch kommt. Der Blick zurück ist nur interessant, wenn man die Lehren der Vergangenheit auf kommende Entscheidungen anwendet.
Als Sie von der Schließung der Mühle und den Plänen zum Umbau des Hafens gehört haben, was dachten Sie da?
Scheibe: Ich kannte den Hafen von Spaziergängen am Rheinufer und mir war die Größe des Hafengeländes bis dahin gar nicht so bewusst – es war ja nicht unmittelbar wahrzunehmen hinter den Zäunen und Mauern. Als ich dann von dem Projekt gehört habe und mich damit beschäftigt hatte, war ich begeistert vom Potenzial der Fläche. Und die Lage ist wunderschön.
Was ist aus Ihrer Sicht heute der spannendste Teil des Hafens?
Scheibe: Bei Führungen zeige ich am liebsten das Hafenbecken und erkunde mit den Besuchergruppen, was rundherum passiert. Interessant finde ich den Hafen in seiner Rolle als Schnittstelle zur Stadt. Wie wird sie gestaltet werden? Was wird man von der anderen Rheinseite sehen? Das sind wichtige Fragen.
Was ist ihre architektonische Vision für die Neugestaltung?
Scheibe: Ich hoffe, dass es gelingt, im Hafen qualitätsvolle Außenraumgestaltung und Architektur zu verbinden. Außerdem wünsche ich mir, dass Wohnraum für unterschiedliche Einkommen entwickelt werden kann und in Deutz eine gut gemischte Stadtgesellschaft entsteht. Die Architekten müssen unbedingt mit dem Geist des Areals arbeiten und keine auswechselbaren Gebäude erschaffen. Ich freue mich deshalb auf die Entwürfe mutiger und origineller Architekten.
Zur Person: Ira Scheibe ist Architekturjournalistin und -historikerin. Die Inhaberin von architektouren.koeln hat ihr Fach in Köln, Florenz und Sevilla studiert. Scheibe wohnt im Stadtteil Altstadt Nord und macht in ihrer Freizeit gerne Yoga. Sie setzt sich für eine fahrradgerechte Stadt ein und fährt deshalb selbst kein Auto.